NGOs - der Demokratie verpflichtet?
Beitrag der CBSS-Kommissarin für demokratische Entwicklung, Helle Degn
anlässlich des
BALTIC NGO FORUM
In St.Petersburg, Russland, am 19.4.2002

Frau Vorsitzende, geehrte Teilnehmer, meine Damen und Herren,

es ist mir ein Vergnügen heute zu diesem FORUM zu sprechen. Ich bin erfreut, so viele von Ihnen hier heute in diesem Saal zu sehen, die auch bereits bei der NGO Ostseekonferenz in Kopenhagen und beim CBSS NGO FORUM in Lübeck dabei waren. Während der nächsten Tage werden sie die Möglichkeit haben, die Debatte um die Stärkung der NGO-Zusammenarbeit in der Ostseeregion fortzusetzen - ein Prozess, den ich unterstütze und willkommen heiße.

Da ich den Eindruck habe, dass meine Arbeit noch nicht bei allen hier heute vertretenen NGOs bekannt ist, will ich zunächst ein paar Worte zu meiner eigenen Institution sagen.

Die 11 Regierungen der Ostseestaaten haben mich für den Zeitraum von drei Jahren zu ihrer Kommissarin ernannt. Sie haben mich ausgestattet mit dem Mandat, die demokratische Entwicklung in den 11 Staaten zu unterstützen und zu fördern.

Als besonderes Merkmal meiner Arbeit, das es verdient hier erwähnt zu werden, ist das Recht, Äußerungen entgegenzunehmen - oder Beschwerden - von Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen der Ostseestaaten. Dadurch habe ich die Rolle einer regionalen Ombudsperson, und jede Bürgerin, jeder Bürger und jede Organisation kann in Fällen, wo es um die eventuelle Gefährdung grundlegende Rechte geht, Beschwerde einlegen wenn die Auffassung besteht, einer der betreffenden Ostseestaaten hätte diese Rechte verletzt. Die betreffenden Staaten haben auch nichts unternommen, um etwa Personen oder Organisationen daran zu hindern, mit der Kommissarin Kontakt aufzunehmen, oder Personen verfolgt oder bedroht, die der Kommissarin Informationen geliefert haben. Wenn es notwendig wird, kann ich auch Empfehlungen geben gegenüber den Behörden des betreffenden Staates, wie solche Vorfälle in Zukunft vermieden werden könnten.

Falls Sie meine Aktivitäten näher verfolgen möchten - bitte besuchen Sie mein Angebot im Internet.

Eines meiner Interessen ist es, engere Zusammenarbeit zwischen NGOs und den demokratischen Institutionen zu ermutigen. Dabei kann ich hinweisen auf eine lange Tradition in einigen Ostseeländern, die NGOs in die Vorbereitung für den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen; in einigen anderen Ländern ist die Zusammenarbeit mit NGOs eher eine neue Herausforderung. Diese zuletzt erwähnten Staaten könnten es interessant und nützlich finden, die Erfahrungen der anderen Länder kennenzulernen, und dementsprechend auch einen Zugang zu den NGOs und ihrem Potential zu bekommen. Die Regierungen sollten nicht gegen NGOs als ihre Gegner kämpfen, sondern statt dessen lieber lernen, sich das enorme Potential der NGOs bei der Entwicklung einer modernen Zivilgesellschaft zu nutze machen.

Daneben sollte es aber auch eine engere Kooperation zwischen den NGOs untereinander geben. Manchmal neigen verschiedene NGOs innerhalb eines einzigen Arbeitsfeldes dazu, eher miteinander zu konkurrieren als zusammenzuarbeiten, obwohl sie dasselbe Ziel haben. Statt dessen sollten Zusammenarbeit und Koordination untereinander gefördert werden. In dieser Hinsicht wäre die Formierung von Dachorganisationen der NGOs ein wünschenswerter Schritt vorwärts. Die Bildung solcher Dachorganisationen würde auch die NGOs selbst stärken.

In meiner Aufgabe als Kommissarin für demokratische Entwicklung habe ich den Ehrgeiz, ein starkes NGO-Umfeld zu stärken und zu unterstützen und eine Zusammenarbeit mit vielen NGOs in der gesamten Ostseeregion anzuregen. Die Erfahrungen und die Kenntnisse von NGOs sind auch für meine Arbeit eine bedeutende Informationsquelle.

Eine aktive, starke und partizipatorisch ausgerichtete Zivilgesellschaft ist eine essentielle Komponente jeder Demokratie. Der Ruf nach mehr partizipatorischen Strukturen ist offensichtlich. In Seattle, Prag, Quebec und Göteborg haben wir alle den Ruf nach Transparenz und Beteiligung gehört. Tranparenz, Verantwortlichkeit und offene Türen wurden angefragt, im Gegensatz zu den verschlossenen Türen, die wir beim Privatisierungsprozess und seinen Konsequenzen erlebt haben.

Um die NGOs und die Entwicklung des zivilen Sektors zu unterstützen, hat das Büro der Kommissarin verschiedene Untersuchungen gemacht, um die Lage in den einzelnen Ostseestaaten zu erfassen. Eine dieser Untersuchungen konzentriert sich auf die Arbeitsbedingungen der NGOs. Ausgehend davon wurden eine Reihe von Empfehlungen gegenüber den Regierungen der betreffenden Staaten gegeben.

Bereits seit einiger Zeit hatte ich vorgesehen, einen aktualisierten Bericht zu dieser Untersuchung hier auf diesem Forum abzugeben. Aber wegen verspäteter Antworten sowohl von Regierungen wie auch von NGOs auf meine Informationsanfragen wird dieser Bericht nun erst in etwa einem Monat fertig und auf meiner Webseite zugänglich sein.

Dennoch möchte ich gern bereits heute einige meiner Ergebnisse enthüllen:

Þ Das Recht zur freien Gründung von Vereinigungen ist in allen Mitgliedsstaaten des Ostseerats garantiert und geschützt

Þ Obwohl die Grundlagen der Rechtsprechung, wie erwähnt, bereits in Kraft sind, bedarf es noch einer Reihe bedeutender Schritte um diese Rechte in die Praxis umzusetzen

Þ Die Registrierung von neuen Nichtregierungsorganisationen ist in einigen Staaten immer noch unnötig teuer manchmal mit bürokratischen Hürden verbunden

Þ Vielleicht ist die Finanzierung immer noch das größte Einzelproblem. Während einige Staaten günstige Fördermechanismen geschaffen haben, läßt die Situation in anderen Staaten vieles zu wünschen übrig. Ohne stabile Finanzierungsquellen ist es für NGOs sehr schwierig, die Effektivität zu erreichen die benötigt wird, um zu einem vertrauensvollen Partner in der Zivilgesellschaft zu werden.

Þ Dennoch ist es schwerlich realistisch zu erwarten, dass die Steuerzahler jede Art von NGO-Aktivitäten fördern sollten. Einen Beitrag zu einer pulsierenden Zivilgesellschaft zu leisten ist eine Aufgabe für alle Teile der Gesellschaft. Dazu muss auch das Geschäftsleben beitragen. Die Steuergesetze sind bedeutende Instrumente zur Begünstigung von Sponsoren, aber gegenwärtig fördert die Gesetzgebung in einigen Ländern diese Kooperation und Sponsorenfunktion nicht zufriedenstellend.

Þ Gute Beziehungen mit den Medien sind entscheidend für viele NGOs, um Publikumswirksamkeit zu erreichen und neue Mitglieder zu werben.

Þ Darüber hinaus füllen sowohl die NGOs wie die Medien eine Wächterfunktion aus, indem sie die Behörden beobachten. Die NGOs in fast allen Staaten rufen einstimmig nach mehr Beachtung durch die Medien, jedenfalls solange sie nicht das Geld haben um Werbemittel zu bezahlen.

Þ Auch der Dialog und die Kontakte mit den staatlichen Autoritäten läßt einiges zu wünschen übrig. In bezug auf das Verhältnis von NGOs und der Staatsmacht läßt sich ein zuwenig an Vertrauen und Bereitschaft zur Kooperation mit den staatlichen Behörden NICHT NUR auf Seiten des Staates finden, sondern auf beiden Seiten.

Þ Einige Länder fördern aktiv die Beteiligung von NGOs in entscheidungsvorbereitenden Prozessen und an offiziellen Delegationen für internationale Foren. Dies ist aber nicht üblich in allen Staaten. Speziell die jüngeren Demokratien der Region laden NGOs nicht zu offiziellen Delegationen ein, wenn nicht eine ausländische Seite NGOs offiziell einlädt oder anfragt.

Þ Erlauben Sie mir ein paar Worte zu Russland zu sagen, da dieses Forum ja freundlicherweise von der russischen CBSS-Ratspräsidentschaft mit getragen wird und vielleicht größere Aufmerksamkeit in Russland hervorgerufen hat. Die NGOs in dieser riesigen Förderation teilen eine Reihe von Problemen, die bereits für andere Staaten der Region erwähnt wurden, stehen aber auch vor einigen speziellen herausforderungen:

Dies sind nur einige meiner Arbeitsergebnisse unter einer Menge von Fragen, die ich im Januar diesen Jahres sowohl an die Regierungsvertreter der Ostseeanrainerstaaten wie auch an die NGOs gesandt hatte. Ich würde gern den Anlass nutzen, um ihnen für alle Bemühungen im Rahmen der Beantwortung dieser sicherlich komplizierten Fragen hier zu danken. Den wenigen, die bisher noch nicht geantwortet haben, kann ich sagen, dass ich ihre Beiträge gerne noch entgegennehme.

Eine wesentliche Schlußfolgerung ist deshalb: im Gegensatz zur Situation von 1990, als die Inhalte von Gesetzen das Hauptthema zur Absicherung der Freiheit zur Gründung von Interessengruppen darstellten, liegt heute die Betonung mehr darauf, wie die Regierungen diese Gesetzgebung umsetzen könnten.

Die Zielsetzungen der Gesetzgebung zu übertragen in eine tatsächliche Veränderung von Verhaltensweisen der Staatsorgane, dies ist eine enorme Aufgabe. Eine demokratische und partizipatorische Kultur kann nicht über Nacht entstehen, sondern braucht ihre Zeit um Wurzeln zu schlagen. In Finnland und Estland wurden sehr interessante "Hört-auf-eure-Bürger"-Projekte vorbereitet. Ich begrüße solche offenherzigen Initiativen, die das demokratische Defizit reduzieren helfen und andere Staaten ermutigen, sich durch das Beispiel dieser beiden Staaten inspirieren zu lassen.

Dies führt mich dazu, auch über die Verantwortlichkeit der NGOs und der Staatsorgane zu sprechen. Man sollte nicht vergessen, dass in den älteren Demokratien die NGOs bereits seit Jahrzehnten um ihre Position und um Anerkennung gerungen haben. NGOs in den jüngeren Demokratien beschweren sich darüber, dass sie nicht dieselbe Achtung und Stellung genießen wie ihre westlichen KollegInnen, neigen aber dazu zu vergessen, dass diese eingeforderte Anerkennung auch starken Einsatz und nicht zuletzt stabile und verlässliche Arbeit erfordert.

Diesen NGOs würde ich gerne sagen, das Anerkennung nicht automatisch kommen kann, sondern nur durch nachhaltige Bemühungen erfolgen kann. Es ist keine einfache Arbeit, aber es lohnt sich, dafür zu kämpfen. Ich würde sie also gerne auffordern und ermutigen, diesen Kampf um Anerkennung und Einfluss fortzusetzen.

Gegenüber den Staaten, die etwas zögerlich sind die NGOs Einsicht nehmen zu lassen in ihre Arbeit, möchte ich betonen, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit notwendig sein wird zur Sicherung einer stabilen, ausgeglichenen und demokratischen Entwicklung in unserer Region. Die Beiträge der BürgerInnen sind wichtig und sollten nicht ignoriert werden. Es sollte auch daran erinnert werden, dass manchmal die Arbeit der NGOs sogar effizienter als diejenige der Staatsorgane sein kann und Menschen erreicht, welche die Behörden nicht so leicht erreichen können.

NGOs können wertvolles ExpertInnenwissen einbringen zu allen diskutierten Themen, und können auch helfen größeres Verständnis der Öffentlichkeit hervorzubringen für den Kurs der Regierung. Indem auf die Expertise der NGOs gesetzt wird, könnte die Wahrscheinlichkeit verringert werden, dass Entscheidungen der Regierung im nachhinein in Frage gestellt werden.

NGOs sollten helfen Lösungsmodelle zu finden, die verschiedene Interessen berücksichtigen. NGOs sind in der Lage, entsprechend den Interessen und Einstellungen der BürgerInnen zu handeln als Mittler zwischen der Gesellschaft und den EntscheidungsträgerInnen.

Sehr viel mehr Resultate und grundsätzlicheres Vertrauen könnte erreicht werden wenn Regierungen und NGOs sich nicht bekämpfen, sondern zusammenarbeiten würden. Die gewählten RepräsentantInnen, die Öffentlichkeit, die Grassroot-Initiativen und schließlich die Öffentlichkeit als solche würden gewinnen dadurch, wenn sowohl Regierungen wie NGOs sich an der Kunst der Demokratie üben würden - inklusive dem Kompromiß.

In den letzten Jahren mußten eine Reihe von Lektionen gelernt werden. Regierungen habe es nicht nötig, sich bloß gestellt zu fühlen dadurch, dass NGOs sie kritisieren. Und umgekehrt sollten NGOs sich nicht darauf beschränken zu kritisieren - da sie ja nicht die Opposition im Parlament darstellen, sondern die allgemeine Öffentlichkeit - und entsprechend handeln. NGOs sollten sorgfältig erwägen ob es in jedem Fall nötig ist, in Opposition zu gehen und den Staat als Bedrohung zu sehen, oder ob es möglich ist Partner in einer partizipatorischen Demokratie zu sein.

Regionale Zusammenarbeit

Frau Vorsitzende, ehrenwerte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, meine Damen und Herren,

Lassen Sie mich versichern, dass regionale Kooperation in Zeiten einer uns alle beeinträchtigenden, im stärker globalisierten Welt immer wichtiger wird. Dies war auch der Grund für die 11 Ostseeanrainerstaaten, vor 10 Jahren den Ostseerat zu schaffen.

In Beziehung auf regionale Zusammenarbeit kann der Ostseerat (CBSS) als Modell gelten. Zwar gibt es unterschiedliche Herausforderungen und Aufgaben in den einzelnen Staaten, aber diese einigen uns auch. Und es sieht so aus, als ob dieser Teil von Europa - im Unterschied zum südöstlichen Teil - eine friedliche Entwicklung nehmen kann. Auch Staaten außerhalb der Region erkennen dies an: der Ostseerat heisst inzwischen 7 Beobachterstaaten willkommen.

In der gesamten Ostseeregion streben die Menschen danach, starke pluralistische Demokratien mit nachhaltigem wirtschaftlichem Wachstum und sozialem Wohlstand zu erreichen und zu erhalten.

Der Ostseerat kann engere Zusammenarbeit zwischen den Regierungen fördern und stärken mit dem Ziel, die Demokratie in der Region zu kräftigen.

Der Ostseerat kann die Institutionen stärken und kräftigen, welche die Gesetzgebung umsetzen.

Der Ostseerat kann Institutionen stärken, welche die Demokratie in der Region garantieren.

Der Ostseerat kann dabei helfen, die Technologielücke zwischen den älteren und den jüngeren Demokratien im Ostseeraum zu vermindern und Nutzen zu ziehen aus der modernen IT-Technologie, die ein sehr gutes Instrument für den Zugang zu Information darstellt.

Meiner Meinung nach würde die Stärkung der Strukturen zur Kooperation innerhalb der Zivilgesellschaft der Region sicherlich beitragen zur demokratischen Entwicklung, da eine aktive und partizipatorische Zivilgesellschaft ein essentielles Fundament der Demokratie darstellt. Passive BürgerInnen können eine Bedrohung für die Demokratie und sogar der Unabhängigkeit eines Landes werden.

Lassen sie mich noch einmal näher eingehen auf die Bedrohung durch die Passivität der Bürgerinnen und Bürger. Mangel an Kenntnissen der demokratischen Kultur konstruktiver Partizipation, politischem und sozialem Dialog und auch Gemeinschaftsdenken, sollte keine Barriere darstellen, und, statt für unveränderlich gehalten zu werden, Anregung sein Werkzeuge zu entwicklen zur Wiederherstellung und zur Absicherung der Demokratie.

Es beeinträchtigt das gesamte Konzept der Demokratie, wenn Korruption, Bestechung sowie Politisierung oder Missbrauch der Institutionen oder der politischen Parteien beobachtet werden muss. Es ist sehr wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in die demokratischen Institutionen empfinden können.

Das Thema der Eigenverantwortlichkeit und Zurechnungsfähigkeit der NGOs erfreut sich ebenfalls großer Aufmerksamkeit. Bezüglich dieses Themas erinnere ich an folgende Fragen:

Es ist nicht meine Absicht die Arbeit der NGOs zu kritisieren - ich möchte aber unterstreichen, dass gewählte Regierungen nicht die einzigen sind, die Politik machen. Sie sind nicht die einzigen Akteure. Sie müssen auch mit der öffentlich gemachten Meinung der NGOs umgehen, den anderen politischen Parteien, anderen Interessengruppen, und manchmal sogar mit ihnen im Wettstreit liegen im engen Rennen um die Aufmerksamkeit der Medien.

Diese Lektionen müssen gelernt werden. NGOs handeln wie sie handeln müssen - als Interessengruppen. Und wie die meisten Interessengruppen sind sie nur sich selbst und ihrem Publikum oder ihren Unterstützern und Sponsoren verantwortlich. Manchmal müssen wir erkennen, dass sie sogar weniger transparent sind als einige politische Parteien es sind. Manchmal haben sie bedeutendere Ressourcen und Medienaufmerksamkeit als selbst die Regierungsvertreter es haben.

Dennoch bin ich überzeugt, dass indem wir die unzweifelhaft steigende Bedeutung von NGOs diskutieren, nicht die Transparenz der NGOs, ihre Zurechnungsfühigkeit und Verantwortung der NGOs vergessen dürfen. Politische Parteien äußern sich gegenüber der Öffentlichkeit und sind ihren WählerInnen Rechenschaft schuldig. Wenn sie scheitern, riskieren sie es die nächsten Wahlen zu verlieren. Wenn aber NGOs scheitern ist es unwahrscheinlich, dass sie bestraft werden. Natürlich riskieren sie Vertrauensverlust, der entscheidend ist für die Mitglieder einer speziellen Interessengruppe.

Die Hauptaufgabe der NGOs ist es, ihr äußerstes einzusetzen um die Lücke zwischen den Regierungen und den Grassroot-Initiativen zu schließen. Dem gegenüber sind einige Behörden zu vernehmen die sich beklagen, NGOs würden diese Lücke eher vergrößern als schließen wollen, indem sie ziemlich populistische Slogans benutzen zur Kritik an der Regierung, und manchmal die realen Möglichkeiten überschätzen.

Demokratie bedeutet, die Kräfte in Balance zu halten zwischen den verschiedenen Interessen der Menschen. Kompromisse werden nicht besonders oft in den Medien beachtet. Konfrontation is offensichtlich besser geeignet für Unterhaltung und Profitmacherei!

Den NGOs genießen oft in der Öffentlichkeit ein großes Vertrauen, manchmal größer selbst als gewählte PolitikerInnen. Dies überläßt den NGOs eine große Bürde, die nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Dennoch können auch die Regierungen profitieren von dem öffentlichen Vertrauen, das NGOs entgegengebracht wird. Die Regierungen müssen sich Wege der Zusammenarbeit mit den NGOs erschließen und NGOs in ihre Arbeit einbeziehen.

Ich schlage dennoch nicht vor, dass Regierungen den NGOs einen Sitz am "Tisch der Entscheidungsfindung" anbieten. Man sollte in Erinnerung behalten, dass NGOs zwar viel für die Stärkung der Demokratie tun können - aber doch keine Alleskönner sind. Die demokratischen Behörden sollten ihre eigene Verantwortlichkeit behalten. Es ist nur ein schmaler Grad, wie weit NGOs wirklich in den Prozess der Entscheidungsfindung einer repräsentativen Demokratie einbezogen werden können.

Auf dem Weg zu einem permanenten CBSS NGO FORUM

Es ist festzustellen, dass NGOs, als vitales Element der Zivilgesellschaft, Bürgerinnen und Bürger darin unterstützen können, ethnische, soziale oder ideologische Differenzen zu überwinden. Dies ist es, was von Menschen meiner Generation erwartet werden kann.

Bereits jetzt ist mein Büro versucht, einen Dialog zwischen NGOs und den Regierungen auf einer regionalen Ebene herzustellen. Mit der Organisation von Seminaren und Konferenzen zu speziellen Themen versuche ich sowohl Regierungen wie NGOs einzubeziehen und zu einem Dialog zwischen ihnen beizutragen. Mein Vorschlag geht an die Regierungen der Region, zu lernen, wie das große Potential das die NGOs repräsentieren, genutzt werden kann.

Meiner Auffassung nach hat der Ostseerat bisher noch nicht voll sein Potential die Zusammenarbeit mit den NGOs der Region betreffend ausgenutzt. Natürlich existiert Zusammenarbeit unter den NGOs der Region. Aber uns allen mangelt es an finanziellen Ressourcen, und die Sprachbarrieren sind schwierig zu überwinden.

Es ist entscheidend für die NGOs, da die Stimme der Menschen darstellen, ihr eigenes Forum auf regionaler Ebene zu haben. Dabei sollte beachtet werden, dass Regierungen von Zeit zu Zeit es nicht zustande bringen, die rationalen Hintergründe ihrer Entscheidungen zu erklären - manchmal stimmen die Bürgerinnen und Bürger den von den internationalen Gremien wie dem Ostseerat getroffenen Entscheidungen auch nicht zu.

Ich bin der Meinung, dass bessere Zusammenarbeit durch die Schaffung eines Ostsee-NGO-Netzwerks erreicht werden kann, das mit den Aktivitäten des Ostseerats in Verbindung steht. Ein solches Netzwerk hätte auch den Vorteil verschiedene NGOs einer Region einen und zu gemeinsamen Aktionen und Zielsetzungen begleiten zu können.

Bereits anlässlich der NGO Ostseekonferenz in Kopenhagen wurde die Idee einer mehr strukturierten NGO-Zusammenarbeit in der Region diskutiert - ich denke, dies wird auch hier in St.Petersburg weiter behandelt werden. Ich hoffe, dieses Thema wird auf der Tagesordnung bleiben und mit derselben Energie auch nach diesem Forum vertreten werden, so dass wir eine gestärkte Zusammenarbeit der NGOs in der Ostseeregion erleben werden.

Es wird aber einer aufgeklärten und entschlossenen politischer Führung bedürfen, um das richtige Umfeld für eine solche Entwicklung abzusichern. Die Regierungsseite sollte unter anderem zeigen, dass sie sich gegenüber guter Führung, Transparenz und Offenheit verpflichtet fühlt.

Daher freut es mich besonders, Russland zu einem eigenen Beitrag zur Schaffung eines NGO Ostseeforums gratulieren zu können. Ich heisse es ebenfalls willkommen, dass Finnland als kommender Vorsitz des Ostseerats bereits seine Bereitschaft zur Veranstaltung eines weiteren, dritte CBSS NGO FORUM während seiner Präsidentschaft erklärt hat.

Vor einem Jahr habe ich gesagt, dass allein schon die Veranstaltung des CBSS-NGO FORUMS in Lübeck die Bereitschaft der Regierungen zu weitgehenderer Zusammenarbeit mit den NGOs zeigt.

Ich fühle mich nach wie vor dieser Aussage verpflichtet. Dennoch hat die Zeit aber gezeigt, dass eine aktivere Unterstützung des Ostseerats für den Fall wünschenswert wäre, wenn denn ein NGO FORUM in die Lage versetzt werden soll, sich stabiler Kooperationspartner des Ostseerats zu entwickeln.

Wie Sie möglicherweise bereits wissen, übernahmen dänische NGOs im zurückliegenden Jahr die Initiative zu einem ersten Ostsee NGO-Treffen einzuladen. Bedauerlicherweise nahmen es nur eine Handvoll dänischer NGO-Repräsentaten diesmal auf sich, hierher nach St.Petersburg zu kommen. Dies wird aber nicht etwa durch mangelndes Interesse dänischer NGOs hervorgerufen, sondern durch Probleme die erforderlichen Finanzen zu beschaffen. Selbst für die relativ reichen dänischen NGOs stellen einige Hundert Euro für ein Flugticket doch ein ernsthaftes Problem dar.

Ich habe ebenfalls bemerkt, dass es der Hilfe von mehreren Sponsoren hier bedurfte, um ein solches Forum zu realisieren. Besonders diesen Sponsoren danke ich hiermit für ihre Großzügigkeit.

Lassen Sie mich daher den Ostseerat und die Staatsführer der Ostseestaaten, die sich hier im Juni dieses Jahres versammeln werden aufrufen, eine stabile Finanzierung für die NGO Foren in Erwägung zu ziehen.

Die Zusammenarbeit der NGOs ist nicht nur auf nationaler Ebene wichtig, sondern auch auf regionaler Ebene. Lassen Sie mich schließen wie ich angefangen habe - diese Region kann als gutes Beispiel sowohl für andere in Europa wie auch global dienen.

Ich erwarte von diesem NGO Forum, dass ein mehr institutionalisiertes Netzwerk von NGOs unter dem Dach des Ostseerats diskutiert werden wird. Ich lade Sie ein darüber nachzudenken, wenn sie institutionelle und strukturelle Voraussetzungen diskutieren um mit den Problemen der Region fertig zu werden und relevante Akteure identifiziert werden. Der Ostseerat hat ein großes Potential und Möglichkeiten, die bisher noch nicht vollständig ausgenutzt wurden.

Schlußfolgerung

Ich wünsche Ihnen allen Erfolg in Ihrer Arbeit, die enge Zusammenarbeit der NGOs und ebenso hoffentlich zwischen den staatlichen Behörden und den NGOs der Ostseeregion zu sichern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Fakten zu Helle Degn (Auszug aus ihrer Selbstdarstellung):

Titel und Name: Seine Excellenz Frau Kommissarin Helle Degn, ehemalige Ministerin und Parlamentarierin

Geburtsort und Datum: Kopenhagen 20.10.1946

1969-1971 - Gemeindevertreterin in Kastrup/Tornbø

1971-75 & 1977-2000  -     Abgeordnete des dänischen Parlaments

1977-93 - Mitglied des dänischen interparlamentarischen Rats

1975, 1982, 1985, 1995 & 2000 - Mitglied der dänischen Delegation bei der UNO Weltfrauenkonferenz

1993-94 - Dänische Ministerin für die Zusammenarbeit mit 3.Welt-Staaten

1994 - Vorsitzende der dänischen Delegation zur UNO Konferenz in Kairo zu Bevölkerungsproblemen

1994-98 - Vizepräsidentin der europäischen parlamentarischen Versammlung und Vorsitzende der Sozialistischen Gruppe im EU-Parlament

1994-99 - Vizepräsidentin der internationalen sozialistischen Frauenorganisation

Seit Oktober 2000 - Kommissarin des Ostseerats für demokratische Entwicklung

 

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